Ackerrobotik im Verbund
Das Forschungsprojekt Feldschwarm Ökosystem entwickelt eine herstellerunabhängige Technologieplattform, mit der mehrere Landmaschinen und Agrarroboter gleichzeitig, teil- bis vollautonom im Schwarm arbeiten können – der Bediener behält dabei die Kontrolle und kann jederzeit eingreifen. Ziel ist es, Produktivität und Ressourceneffizienz zu steigern, Arbeitskräfte zu entlasten und die Integration in bestehende Agrar-IT zu sichern. Das Vorhaben wird im Rahmen des BMFTR (Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt) -Programms RUBIN von einem Konsortium aus Industrie und Wissenschaft getragen.
Das Projekt
Seit 2023 befindet sich das Bündnis in der Umsetzungs- und Erprobungsphase. Höhepunkte in 2025 waren öffentliche Demonstrationen und Fachworkshops, unter anderem im Umfeld der Öko-Feldtage auf dem Wassergut Canitz, bei denen die Schwarm-Arbeitsplanung, Missionssteuerung und Remote-Überwachung im praktischen Einsatz gezeigt und diskutiert wurden. Diese Veranstaltungen dienten zugleich der Rückkopplung mit Forschung und Praxis für die nächsten Entwicklungsschritte.
Kern des Projekts ist auf wissenschaftlicher Basis eine offene, skalierbare Steuerungs- und Datenarchitektur:
- Von der cloud- beziehungsweise on-premise-fähigen Web-Plattform mit Missions- und Schwarmplanung über
- standardisierte Schnittstellen (ISOBUS/TIM) bis hin zu
- Sicherheits- und Diagnosesystemen für autonome Einheiten.
Die herstellerübergreifende Einsetzbarkeit – in klassischen Traktoren ebenso wie in Feldrobotern – ist dabei eine zentrale Anforderung. Diese ist zwingend erforderlich, da sie letztendlich zum ackerbaulichen und wirtschaftlichen Erfolg eines jeden einzelnen Landwirts beitragen soll.

Bündnispartner liefern Schlüsselmodule
Den technologischen Fortschritt tragen abgestimmte Bausteine der Partner. LACOS entwickelt maßgebliche Teile der Web-Plattform als zentrale Stelle für Planung, Steuerung und Kontrolle des Schwarms. Die Fahrspur- und Missionsplanung wurde zur heterogenen Schwarmplanung ausgebaut. Das Steuerungsmodul verteilt Aufträge auf Maschinen, startet Einsätze, überwacht Prozessparameter und erlaubt Anpassungen in Echtzeit. Import/Export-Funktionen und Anbindungen – etwa via agrirouter – binden gängige Farm-Management-Information-Systeme (FMIS) und Hersteller an. Parallel entsteht ein „AutonomyKit“, das als ECU im Roboter oder auf dem Traktor-Display läuft, Missionen aus der Cloud abruft und über ISOBUS/TIM beziehungsweise proprietäre Protokolle sowohl Zugfahrzeug als auch Anbaugeräte bedient. Erstmals wurden diese Funktionen im Projektverbund öffentlich präsentiert und werden bis zum Abschluss weiter verfeinert.

- IndiKar realisiert Drohnenplattformen zur Umfeldwahrnehmung und Einsatzdokumentation. Programmierte Szenarien umfassen das mäanderförmige Abfliegen und Dokumentieren von Bearbeitungsflächen, das Folgen einer Bearbeitungseinheit zur Ergebnisbeurteilung sowie Aufklärungsflüge zu Koordinaten bei unklaren Hindernissen oder Fehlerfällen. Der nächste Schritt ist die Integration der Ladeinfrastruktur.
- Hydrive stellt einen universellen Remote-Bedienstand für Feldroboter unterschiedlicher Hersteller bereit und entwickelt eine virtuelle Testumgebung, mit der Autonomie-Steuerungen samt jeweiliger Umfelderkennung schneller und näher an der Realität entwickelt und verifiziert werden können. Das beschleunigt Iterationen und senkt Testaufwände im Feld.
- ESTINO bringt ein robustes Gateway zur Erfassung von Maschinen- und Prozessdaten sowie ein leistungsfähiges, cyber-sicheres Übertragungssystem ein. Auf Grundlage realer Einsatzdaten werden kritische Lastzustände erkannt und in normierte Belastungsszenarien überführt – eine Basis für prädiktive Lebensdauer- und Betriebsfestigkeitsanalysen ausfallkritischer Komponenten.
- Das Fraunhofer IWU entwickelt sensorbasierte Bodenbearbeitungswerkzeuge, die Belastungen und Verschleiß an Scharen und Scheibeneggen erfassen. Ein Demonstrator mit „Messmanschette“ zeigt Zug- und Querkräfte live. Kombiniert man diese Ergebnisse mit weiteren Sensoren, lassen sich Rückschlüsse auf Prozessqualität und Werkzeugzustand ziehen – ein Baustein für robuste Autonomie im variablen Feld.
- Für die Prozesssicherheit an Anbaugeräten entwickelt die Eidam-Gruppe zusammen mit dem IWU und BITs electronics eine sensorbasierte Werkzeugdiagnose. Eine am Werkzeugstiel montierte Kraftmessklemme erfasst Belastungen. Algorithmen bestimmen mit diesen Werten in Echtzeit Störungswahrscheinlichkeiten. Drehzahlanalysen an rotierenden Werkzeugen, Muster- und Schwingungserkennung sowie modulare Signalverarbeitung ermöglichen die Klassifikation typischer Störungen – von Blockaden über Verschleiß bis Scharverlust. Bei Bedarf greift die Steuerung automatisiert über ISOBUS-TIM in Fahr- und Hydraulikfunktionen ein. Ein erstes Gerät mit integrierter Diagnose, das auf der Agritechnica in Hannover in Halle 25, Stand B17 offiziell vorgestellt wird, befindet sich in der Erprobung und ist auch als Nachrüstlösung gedacht.
- LEMKEN bündelt drei Sensorsysteme zum iQblue smart implement für Grubber: iQblue tool monitoring bewertet per Kamera und KI den Scharzustand am Vorgewende, iQblue flow control überwacht den Materialfluss im Zinkenfeld und meldet Anhäufungen frühzeitig, iQblue slippage control misst den Walzenschlupf und passt die Fahrgeschwindigkeit, ebenfalls über Tractor-Implement-Management (TIM), dynamisch an. Die Module liefern visuelles Feedback am ISOBUS-Terminal beziehungsweise Human-Machine-Interface (HMI) und erhöhen Effizienz, Prozessstabilität und Sicherheit – zugleich ein Enabler für automatisierte und autonome Bodenbearbeitung.
Gemeinsam in die Zukunft
Aus Sicht des Konsortiums liegen die größten Herausforderungen in der sicheren, standardbasierten Interoperabilität zwischen heterogenen Maschinen, in Safety-Konzepten für den Mischbetrieb (Mensch/Maschine/Roboter) und in der durchgängigen Integration in Agrar-Datenräume und FMIS-Landschaften. Hier adressiert Feldschwarm Ökosystem offene Schnittstellen, skalierbare Cloud-Dienste und nutzerzentrierte HMI-Konzepte – mit dem Ziel, autonome Schwärme wirtschaftlich, sicher und praxisgerecht zu machen. Das Konsortium wird das Ökosystem nach Beendigung des Forschungsprojekts weiter betreiben und entwickeln. Dafür werden Hersteller von Robotern, Anbaugeräten oder Prozessmodulen zur Erweiterung des Feldschwarm Ökosystems gesucht.
Weitere Informationen zum Projekt Feldschwarm Ökosystem sowie zu den Projektpartner erhalten Sie auf der Projekt-Website: