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In Folge 95 des LEMKEN Podcasts „Boden&ständig“ dreht sich alles um das Thema Carbon Farming – und ganz konkret um den Carbon Farming Pflug, mit dem sich Böden gezielt verbessern und C im Boden speichern lassen.

Dazu haben wir uns fachkundige Unterstützung geholt: Marisa Gerriets, Agrarwissenschaftlerin und Doktorandin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V. in Müncheberg, forscht seit mehreren Jahren zur partiellen Krumenvertiefung – einem Verfahren, das schon vor Jahrzehnten entwickelt wurde und heute aktueller denn je ist. Im Gespräch gibt sie spannende Einblicke in ihre Arbeit, erklärt die Funktionsweise des CF-Pflugs und zeigt, wie wissenschaftlich belegte Bodenverbesserung und CO₂-Speicherung Hand in Hand gehen können.

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Landwirtschaft als Chance für aktiven Klimaschutz

Die Landwirtschaft hat einen bedeutenden Einfluss auf den globalen Kohlenstoffkreislauf. Einerseits entstehen durch Bodenbearbeitung, Düngung und organische Zersetzungsprozesse CO₂-Emissionen, andererseits bieten landwirtschaftlich genutzte Böden eine enorme Speicherkapazität für Kohlenstoff. Das macht die Landwirtschaft zu einem zentralen Akteur im Klimaschutz.

Eine entscheidende Größe ist dabei der Humusgehalt des Bodens. Humusreiche Böden speichern nicht nur mehr Wasser und Nährstoffe und enthalten auch größere Mengen an Kohlenstoff. Durch gezielte Maßnahmen wie Direktsaat und Zwischenfruchtanbau (Steckbriefe HumusKlimaNetz) kann der Humusgehalt und damit auch der Kohlenstoffgehalt im Boden erhöht und somit aktiv zur CO₂-Reduktion in der Atmosphäre beigetragen werden.

Eine solche Maßnahme stellt auch die partielle Krumenvertiefung mit dem Carbon Farming-Pflug dar. Durch den gezielten Austausch von kohlenstoffreichem Oberboden mit kohlenstoffärmerem Unterboden wird zunächst das Kohlenstoff-Gleichgewicht im Oberboden gestört, der C-Gehalt wird verringert. Anschließend erfolgt eine Anreicherung mit Kohlenstoff, bis das System nach etwa 10 Jahren wieder im Gleichgewicht ist. Als meliorative Maßnahme wird die partielle Krumenvertiefung daher nur etwa alle 10 Jahre durchgeführt.

Entwickelt wurde das meliorative Verfahren bereits Ende der 50er Jahre in der DDR, um durch den Aufbruch von Verdichtungen sowie die Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen im Unterboden zu erhöhen. Dadurch konnten die Erträge gesteigert werden. Diese Ertragswirkung wurde in zahlreichen historischen wie neuen Versuchen belegt.

Der große Vorteil: Landwirte können durch diese Praxis nicht nur ihre Böden langfristig verbessern, sondern profitieren auch wirtschaftlich. In Zukunft könnten Anreize wie CO₂-Zertifikate oder staatliche Förderprogramme zusätzliche finanzielle Vorteile bieten. Gleichzeitig sorgt die gezielte Bodenverbesserung für 

  • höhere Erträge,
  • eine bessere Durchwurzelung und 
  • eine verbesserte Wasser- und Nährstoffspeicherung.

Vorteile, die nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch für die betriebliche Nachhaltigkeit relevant sind.

Bodenkunde: Der Boden als Schlüssel zur Kohlenstoffspeicherung

Böden sind nicht nur die Grundlage der landwirtschaftlichen Produktion, sondern auch ein wichtiger Speicher für Kohlenstoff. Ihre Fähigkeit zur C-Bindung hängt maßgeblich von der mineralogischen und chemischen  Zusammensetzung und der Bewirtschaftung ab.

Der Oberboden – auch Krume genannt – ist durch die Bodenbearbeitung beeinflusst und enthält den höchsten Anteil an Humus. Somit er ist entscheidend für die Nährstoffversorgung der Pflanzen.

Der darunterliegende Unterboden ist humusärmer und oft durch Verdichtungen geprägt, die das Wurzelwachstum sowie den Wasser- und Nährstoffhaushalt einschränken. 

Die zentrale Rolle in der Kohlenstoffspeicherung spielt der Oberboden. Hier laufen die wichtigsten biologischen und chemischen Prozesse ab. Der über die Photosynthese der Pflanzen assimilierte organische Kohlenstoff wird durch Bindung an Tonmineralen, Eisenoxiden und Ca-Ausfällung im Boden gespeichert. Im Boden stellt sich bei gleichbleibenden Bedingungen ein dynamisches Gleichgewicht aus Aufbau und Abbau von organischem Kohlenstoff ein, welches die Höhe des Kohlenstoffgehalts bestimmt.

Die Idee der partiellen Krumenvertiefung ist, dieses Gleichgewicht zu stören, indem kohlenstoffarmes Unterbodenmaterial in den Oberboden verlagert wird und dort den Kohlenstoffgehalt verringert. Somit ist die C-Speicherwirkung der partiellen Krumenvertiefung umso größer, je höher der Gradient im Kohlenstoffgehalt zwischen Ober- und Unterboden.

Während also im Oberboden neuer Kohlenstoff gespeichert wird, wird der in den Unterboden verlagerte Oberboden-Kohlenstoff aufgrund der schlechteren Bedingungen für Mikroorganismen vor Abbau gehemmt.

Durch den Einsatz des Carbon Farming Pflugs wird dieses Prinzip gezielt genutzt, um langfristig C zu speichern und gleichzeitig die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern.

Die Geschichte der partiellen Krumenvertiefung und ihr Comeback

Obwohl seit den Anfängen in den 50er Jahren bis zur Wende diverse Techniken für die partielle Krumenvertiefung entwickelt und die Ertragseffekte in zahlreichen Feldversuchen bestätigt wurden, ist die Technik nach der Wende in Vergessenheit geraten.

Ursprünglich mit dem Ziel entwickelt, die Erträge und die Ertragssicherheit durch den Aufbruch von Verdichtungen und Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit zu steigern, ist heute die nachhaltige Klimaschutzwirkung ein zusätzliches Thema. Basierend auf den Erkenntnissen der Grundlagenforschung zum Kohlenstoffhaushalt in Agrarlandschaften, insbesondere Erosionsprozessen, wurde am ZALF nach einer Technik gesucht, um gezielte Mengen an Unterboden in den Oberboden einzumischen.

Wiederentdeckung alter Versuche aus den 70er bis 80er Jahren

Aufgrund der jahrzehntelangen Entwicklungsgeschichte der partiellen Krumenvertiefung gibt es über die DDR verteilt historische Versuche. ZALF-WissenschaftlerInnen konnten anhand alter Aufzeichnungen und Luftbilder die Standorte historischer Versuchsflächen ausfindig machen.

Um die langfristigen Effekte der partiellen Krumenvertiefung zu analysieren, wurden vier dieser historischen Versuche aus den 70er-80er Jahren untersucht.  

Wissenschaftliche Erkenntnisse aus 40 Jahren Bodennutzung

Diese Langzeitstudien zeigen, dass die Schächte, die bei der partiellen Krumenvertiefung angelegt wurden, auch nach 40 Jahren noch eine lockerere Struktur und im Mittel 70 % des ursprünglichen Kohlenstoffniveaus aufweisen. Somit kann mit der partiellen Krumenvertiefung langfristig C gespeichert werden. Diese Erkenntnisse liefern die Basis für eine moderne Weiterentwicklung des Verfahrens. Der heutige Carbon Farming Pflug greift die ursprüngliche Methode auf und optimiert sie mit moderner LEMKEN Pflugtechnik, um Böden gezielt zu verbessern und gleichzeitig als Kohlenstoffsenke zu nutzen.

Der Carbon Farming Pflug: Technologie für nachhaltige Bodenbearbeitung

Funktionsweise des CF-Pflugs: gezielter Austausch von Ober- und Unterboden

Der Carbon Farming Pflug kombiniert klassische Pflugtechnik mit innovativer Tiefenlockerung. Er besitzt sowohl flach als auch tief arbeitende Schare, die sich in festen Abständen abwechseln. Die tiefen Schare heben Unterbodenmaterial nach oben und legen dadurch Schächte. Die dahinter angeordneten flacheren Schare dafür sorgen, dass humusreicher Oberboden in die Schächte gefüllt wird. So entsteht streifenweise eine stabile Bodenstrukturierung mit besseren Wurzel- und Wasserführungseigenschaften.

Auch bei vereinzelten Steinen im Unterboden besteht kein Risiko: die hydraulische LEMKEN Überlastsicherung erlaubt es jedem Körper (auch dem tiefer arbeitenden CF Körper) bis zur Erdoberfläche auszuweichen und so Schäden am Pflug zu vermeiden.

Unterschied zu herkömmlichen Pflügen und Lockerungsverfahren

Im Gegensatz zu herkömmlichen Tiefpflügen oder Grubbern wird der Boden nicht vollständig umgebrochen bzw. gelockert. Stattdessen bleibt ein Teil des Unterbodens unberührt, um die Tragfähigkeit für Maschinen zu erhalten.

Vorteile für Landwirte: Ertragssteigerung, Bodenverbesserung, Klimaschutz

Aufbrechen von Verdichtungen für eine bessere Durchwurzelung

Verdichtete Böden sind ein Problem für das Pflanzenwachstum, da sie das Wurzelwachstum und die Wasseraufnahme einschränken. Der CF-Pflug ermöglicht es, tiefer liegende Verdichtungsschichten gezielt aufzubrechen, ohne dabei die gesamte Bodenstruktur zu zerstören. Durch die Verfüllung der Schächte mit Oberbodenmaterial wird die Wiederverdichtungsneigung zudem reduziert. Die Schächte fördern die Durchwurzelung, verbessern den Zugang zu Wasser und Nährstoffen und stärken die Bodengesundheit nachhaltig.

Kohlenstoffspeicherung im Boden: Langfristige CO₂-Bindung

Ein großer Vorteil der Methode ist die Speicherung von Kohlenstoff. Zum einen wird im Oberboden zusätzlicher C gespeichert und zum anderen zeigen Untersuchungen, dass der in die Tiefe verlagerte Oberboden-C langsamer abgebaut wird, da die mikrobiellen Prozesse dort weniger aktiv sind. Dadurch wird die gesamte Kohlenstoffmenge im Boden nachhaltig erhöht.

Ertragssteigerung durch tiefere Nährstoffverfügbarkeit

Durch die verbesserte Bodenstruktur profitieren Pflanzen von einer besseren Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit. Historische Versuche zeigen, dass Ertragssteigerungen von im Schnitt 6 % bei Getreide möglich sind. Mit dem CF-Pflug neu angelegte Versuche zeigen Ertragseffekte in vergleichbarer Höhe.

CO₂-Speicherung durch den CF-Pflug: Zahlen und Fakten

Wie viel CO₂ kann nachhaltig gespeichert werden?

Untersuchungen belegen, dass die partielle Krumenvertiefung erhebliches Potenzial zur Kohlenstoffspeicherung besitzt. Je nach Bodenart können über einen Zeitraum von zehn Jahren zwischen 10 und 30 Tonnen CO₂eq pro Hektar gespeichert werden und das bei einem einmaligen Einsatz des CF-Pflugs. Dies geschieht durch den langfristigen Humuserhalt im Unterboden und die natürliche Bindung von C im Oberboden.

Langfristige Stabilität des Kohlenstoffs im Boden

Analysen historischer Versuche zeigen, dass im Mittel 70 % des ursprünglich in die Schächte verlagerten Kohlenstoffs auch nach 40 Jahren noch im Boden vorhanden sind.

Bedeutung für zukünftige Förderprogramme und Carbon-Farming-Zertifikate

Mit der zunehmenden politischen Förderung von Klimaschutzmaßnahmen sollte das Verfahren in Zukunft für Carbon-Farming-Zertifikate anerkannt werden. Dies würde Landwirten ermöglichen, nicht nur durch bessere Erträge, sondern auch durch finanzielle Anreize von der CO₂-Speicherung zu profitieren.

Fazit: Carbon Farming als Zukunftsstrategie

  • Die Landwirtschaft steht vor der Herausforderung, sowohl die Bodenfruchtbarkeit und damit die Erträge zu sichern als auch aktiv zum Klimaschutz beizutragen. Der Carbon Farming Pflug bietet eine innovative Lösung, die beide Aspekte miteinander verbindet. Durch den gezielten Austausch von Ober- und Unterboden kann nicht nur die Ertragsstabilität gesteigert, sondern auch mehr C nachhaltig im Boden gespeichert werden.
  • Langzeitstudien zeigen, dass diese Methode über Jahrzehnte hinweg positive Effekte auf die Bodenstruktur hat. Mit einer einmaligen Maßnahme können Landwirte ihren Boden langfristig verbessern und gleichzeitig dazu beitragen, CO2 aus der Atmosphäre zu binden.
  • Während Carbon Farming oft mit Direktsaat und Zwischenfruchtanbau in Verbindung gebracht wird, zeigt der CF-Pflug, dass auch mechanische Verfahren zur Kohlenstoffspeicherung beitragen können. Damit wird Bodenbearbeitung nicht nur nachhaltiger, sondern auch zukunftsfähig.

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